Beispiele aus deutschen Gerichten zur fahrlässigen Tötung & zur fahrlässigen Körperverletzung

Nachfolgend möchten wir Ihnen einige typische Beispiele für Straftaten und die dazu stattfindende Rechtsprechung nach § 222 StGB vorstellen.

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Jäger wegen fahrlässiger Tötung zu Freiheitsstrafe von drei Jahren am Amtsgericht Nauen verurteilt 

Wer sich mit dem Thema Strafverteidigung und Jagd beschäftigt, wird regelmäßig auf getötete Personen stoßen. Wir mussten uns bereits mehrfach diesen schwierigen Verfahren annehmen. 

Häufig stellt sich die Frage, ob ein tragischer Unfall oder gleich eine fahrlässige Tötung vorliegt. In unserem Fall erfolgte in diesem Zuge auch die Rekonstruktion der Ereignisse. 

Am Amtsgericht Nauen wurde im Januar 2017 ein Jäger verurteilt, welcher statt auf ein Wildschein versehentlich auf ein Liebespaar im Maisfeld schoss. Das Landgericht hat in diesen Verfahren ausführlich zu klären, ob der Jäger gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen hat. In diesen Fällen helfen vertiefte Kenntnisse zum Jagdrecht, um den Mandanten bestmöglich zu verteidigen. 

Was war im Falle des Amtsgerichts Nauen in Brandenburg passiert? 

Der Jäger glaubte im September 2015 ein großes, männliches Wildschwein im Maisfeld deutlich erkannt zu haben, setzte an und schoss. Ein verheerender Fehler. 

Statt eines Wildschweins traf der Jäger einen 30-jährigen Mann, den durch den Treffer getötet und dessen 23-jährige Begleiterin, welche am Oberarm verletzt wurde. 

Das Gericht befand in diesem Fall auf fahrlässige Tötung und Körperverletzung. Insgesamt erkannte das Amtsgericht auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahre für den Angeklagten, ein 32-jähriger Familienvater. Eine Strafe, die sich nicht mehr zur Bewährung aussetzen lässt. 

Im Rahmen des Verfahrens war sich der Angeklagte sicher, er habe auf ein männliches Wildschwein angelegt, welches er zuvor im Feld wahrgenommen habe. Das Wildschwein habe er deutlich durch das lichtstarke Zielfernrohr gesehen. Er sei sich absolut sicher gewesen, da er sonst nicht geschossen hätte. Bei der Tatortaufnahme wurden durch die eingesetzten Beamten tatsächlich entsprechende Wildspuren im Feld vorgefunden. 

Das Amtsgericht ging am Schluss der Beweisaufnahme jedoch von einem Wahrnehmungsfehler des Angeklagten aus, welcher damit grob gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten verstieß und bei unsicherer Lage abdrückte. Bei einer sorgfältigen Betrachtung hätte der Angeklagte die Opfer sehen müssen bzw. nicht den Schuss abgeben dürfen. Auch die Schadensersatzbemühungen von immerhin insgesamt 40.000 Euro überzeugten das Gericht nicht von einer Bewährungsstrafe. 

Das Urteil ist nach Verwerfung der Berufung rechtskräftig. 

LKW-Fahrer mit über 3 Promille 

Das Landgericht Mönchengladbach verurteilte im Juli 2018 einen LKW-Fahrer wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten. Das Gericht verhängte die Entziehung der Fahrerlaubnis und erteilte eine Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von 4 Jahren.

Was war passiert, dass das Gericht eine derart hohe Strafe ausgeteilte?

Der Angeklagte war zuvor als erfahrener Kraftfahrer mit einem Sattelzug kurz nach dem Weihnachtsfeiertagen des Jahres 2017 gegen 21 Uhr aus den Niederlanden kommend auf der A 61 Richtung Koblenz unterwegs. 

Eine Zeugin berichtete zuvor der Polizei, dass der Angeklagte zuvor Schlangenlinien fahrend kurzfristig eine Leitplanke auf der Autobahn touchiere. Deutsche Polizeibeamte positionierten sich daher bereits an der Grenze auf der Autobahn, um den vermeintlich gefährlichen LKW mit dem Angeklagten anzuhalten. 

Der PKW der eingesetzten Beamten wurde mit Abblendlicht, Warnblinkanlage und angeschaltetem Blaulicht auf dem Seitenstreifen positioniert, um den LKW aus dem Verkehr zu nehmen und warteten so auf den herannahenden LKW des Angeklagten. 

Als der Angeklagte, welcher sich später nicht mehr an den Vorfall erinnerte, sich mit seinem Sattelzug näherte, fuhr er nach rechts lenkend mit einer Geschwindigkeit von rund 70 km/h auf den stehenden Polizeiwagen auf. Die auf dem Rücksitz des Polizeiwagens sitzende Polizeibeamtin erlitt solch schwere Verletzungen, dass sie unmittelbar nach dem Unfall verstarb. Die auf dem Beifahrersitz wartende Beamtin erlitt lebensgefährliche Verletzungen und dauerhafte Schäden. Der dritte, im Fahrzeug sitzende Beamte trug lediglich Prellungen und eine Platzwunde davon. Beide überlebende Beamten befinden sich dauerhafter in psychologischer Behandlung.

Der angeklagte LKW-Fahrer hatte zum Unfallzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 3.08 Promille. Durch die sehr hohe Alkoholisierung des Angeklagten vermochte er  sich weder an den Unfall, noch an den unmittelbaren Zeitraum vor dem Aufprall erinnern. 

Im Laufe des Verfahrens zeigte sich der Angeklagte geständig und hat er sich bei den Opfern und ihren Angehörigen entschuldigt. 

Das Landgericht hat eine Schuldunfähigkeit des Angeklagten trotz der hohen Alkoholisierung verneint. Trotz einer festgestellten Blutalkoholkonzentration von über 3,0 Promille soll der Angeklagte durch Beamte noch gut ansprechbar gewesen sein und auch auf alle Aufforderungen seitens der Beamten angemessen reagiert haben.

Das Landgericht begründet die nicht zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe mit dem extrem verantwortungslosen Handeln des Angeklagten, was zum Tode einer Beamtin und den weiteren heftigen Verletzungen führte. Trotz des Umstands, dass der Angeklagte als Berufskraftfahrer nicht strafrechtlich oder verkehrsrechtlich vorbelastet war, konnte keine Bewährungsstrafe ausgesprochen werden. 

Für die Polizeibeamten war der Unfall nach den Feststellungen des Gerichts unvermeidbar und der Situation angemessen. Die Beamten haben ausreichende Vorkehrungen, wie das Anschalten des Blaulichts sowie Warnblinklichts, getroffen, um für alle Verkehrsteilnehmer als Polizeibeamte sichtbar zu sein. 
Der Angeklagte verzichtete auf die Einlegung der Revision, mithin ist das Urteil rechtskräftig. 

Bewährungsstrafen in der Rechtsprechung nach Silvesterfeuerwerk mit Todesfolge

Das Amtsgericht Kaiserslautern hat zwei Angeklagte wegen „Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion“ und fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bzw. einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es jeweils zur Bewährung ausgesetzt hat. Was war in der Silvesternacht 2012/2013 passiert?

Das Amtsgericht in Kaiserslautern hat zum Tatgeschehen in der Hauptverhandlung im Wesentlichen folgende Feststellungen treffen können: 

Die Silvesternacht 2012/2013 verbrachten die Angeklagten zusammen mit Freunden in einer Gartenlaube. Um Mitternacht wurden u.a sog. Starenschrecke aus einer Schreckschusspistole abfeuert. Die in Deutschland erlaubnispflichtige Munition hatte einer der Angeklagten illegal aus Frankreich nach Deutschland eingeführt. Einer der Angeklagten kam gegen 1:00 Uhr die Idee, mit Schwarzpulver aus noch nicht abgebrannten Neujahrsböllern und einer leeren Zigarrenhülse selbst einen Feuerwerkskörper zu basteln.

Der weitere Angeklagte beteiligte sich hieran und schlug jedoch vor, die noch übrig gebliebene Starenschreckmunition für das Vorhaben zu verwenden. Gemeinsam füllten die Angeklagten das Schwarzpulver aus 15 Munitionshülsen, die sie zu diesem Zweck geöffnet hatten, in die leere Zigarrenhülse und verschlossen diese mir einem Deckel. Anschließend brachte einer der Angeklagten eine kurze Zündschnur eines China-Böllers an der Konstruktion an. Anschließend begaben sich die Angeklagten mit weiteren Partygästen wieder ins Freie, wo die Eigenkonstruktion gezündet werden sollte.

Dem Vorschlag eines Anwesenden folgend, schaffte einer der Angeklagte einen Backstein herbei und legte ihn auf einer freien Fläche in der Nähe des Hauses ab. Anschließend legte einer der Angeklagten die mit Schwarzpulver gefüllte Hülse in ein Loch des Backsteins und entfernte sich, nachdem er die Zündschnur angezündet hatte. 

Die Angeklagten gingen von einer größeren Explosion aus, aber ergriffen keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen. Nur einige Sekunden nach dem Anzünden der Zündschnur detonierte die Zigarrenhülse und sprengte den Backstein in Bruchstücke. Von einem dieser Bruchstücke wurde der Geschädigte, der die Explosion aus einer Entfernung von ca. fünf Metern mit seinem Mobiltelefon gefilmt hatte, am Kopf getroffen. Er verstarb aufgrund der dadurch bewirkten schweren Schädel- und Hirnverletzungen wenige Tage später in einem Krankenhaus.

Das Amtsgericht ging dabei davon aus, dass die Explosion, gerade auch nach dem Konsum von alkoholischen Getränken, nicht beherrschbar und kontrollierbar war. Die Angeklagten hätten die Gefahr erkennen und vermeiden müssen. Allein der Umstand, dass der Verstorbene um den Bau der Konstruktion und deren Zündung wusste, lässt den Tatbestand nicht entfallen. Das Urteil wurde nach Verwerfung der Revision 2014 rechtskräftig. 

Keine Bewährung nach fahrlässiger Tötung bei einem Zusammenhang mit dem Schreiben von Textnachrichten

Nach den Urteilsfeststellungen des Amtsgerichts Paderborn, befuhr der Angeklagte am 19. April 2019 mit seinem Auto die Verner Straße aus Verne in Richtung Salzkotten, wobei an dieser Stelle die Geschwindigkeit auf 70 km/h beschränkt war. Während er mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr, las er auf seinem Mobiltelefon zwei Textnachrichten, schrieb eine sehr kurze Antwort und legte das Telefon anschließend in der Mittelkonsole seines Fahrzeuges ab.

Infolge dessen hatte er nicht bemerkt, dass er sich in einer langgezogenen Rechtskurve drei Personen auf Fahrrädern, einer Mutter mit ihrer 3-jährigen Tochter auf dem Fahrradkindersitz und der davor mit ihrem Kinderrad fahrenden 6-jährigen Tochter, näherte. Als er wieder aufschaute, bemerkte er die Familie zu spät, versuchte noch abzubremsen, kollidierte aber noch mit einer Geschwindigkeit von mindestens 82 km/h mit den Fahrradfahrern. Durch den Unfall wurden die Mutter getötet und die beiden Mädchen schwer verletzt.

Der Angeklagte legte ein frühzeitiges Geständnis ab, zahlte 10.000 Euro Schmerzensgeld und entschuldigte sich mehrfach für sein Verhalten. 

Das Amtsgericht erkannte auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, welche es nicht zur Bewährung aussetzte. Die hiergegen eingereichte Berufung führte zwar zu einer Reduzierung des Strafmaßes auf ein Jahr und neun Monate, aber auch das Landgericht Paderborn, als Berufungsinstanz, erkannte nicht auf eine Bewährungsstrafe. Die hiergegen gerichtete Revision hatte keinen Erfolg. 

Das Landgericht führte hierzu aus:

Eine Strafaussetzung zur Bewährung komme hier jedoch nicht in Betracht, da die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten sei (§ 56 Abs. 3 StGB). Insbesondere der vorsätzliche Verstoß gegen das Verbot, elektronische Geräte wie Mobiltelefone aufzunehmen und zu bedienen (§ 23 Abs. 1a StVO), stelle sich hier als besonders schwerwiegend dar. Der Angeklagte habe sich für einen belanglosen Austausch von Textnachrichten über dieses Verbot und die dadurch geschützten Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer ohne Bedenken hinweggesetzt. Die Tat sei dabei auch Ausdruck einer verbreiteten Einstellung, die eine durch einen erheblichen Unrechtsgehalt gekennzeichnete Norm nicht ernst nehme und von vorneherein auf die Aussetzung einer etwaigen Freiheitsstrafe zur Bewährung vertraue.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte zuvor weder strafrechtlich noch verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten ist und in geregelten Verhältnissen lebte. 

Mit der Entscheidung des OLG Hamm Beschluss vom 8. März 2022 – III – 4 RVs 13/22 ist die harte Entscheidung rechtskräftig. 

Freispruch nach Unglück an öffentlicher Teichanlage

Das OLG Frankfurt hebt ein Urteil des Landgerichts Marburg aus Februar 2023 auf, durch das ein ehemaliger Bürgermeister wegen fahrlässiger Tötung dreier Kinder zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt wurde. Das OLG hat den Angeklagten in der Revision vom Vorwurf letztlich freigesprochen.

Die Kinder Kinder hielte sich im Juni 2016 am Teich der Gemeinde mit einer Wasserfläche von ca. 2.400 qm auf. Zwischen 19.00 und 20.40 Uhr sprangen oder fielen die Kinder in den unter 200 cm tiefen Teich, welcher eine schwierig zu begehende Uferseite hatte. Die Kinder konnten nicht bzw. nicht gut schwimmen und ertranken in dem Teich, da es ihnen nicht möglich war den Teich über die Uferanlage zu verlassen.

In der Nähe zum Teich war lediglich ein Schild aufgestellt: „Teichanlage – Betreten auf eigene Gefahr – Eltern haften für ihre Kinder“. Weitere Maßnahmen mit der Zwecksetzung, vor Gefahren am schlammigen Westufer des Teiches zu warnen oder Besucher von dem Betreten des westlichen Uferbereiches abzuhalten, gab es nicht. Technische Vorrichtungen, die einen Ausstieg aus dem Teich an dieser Stelle ermöglichen oder erleichtern konnten, gab es nicht. Gleiches gilt für Rettungsmittel (Rettungsring o. Ä.).

Das Landgericht Marburg sah hierin eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Bürgermeisters, welche der Teich -nach Ansicht des Gerichts- besser gegen die Gefahr von ertrinkenden Personen hätte schützen müssen.

Das Oberlandesgericht hat auf die Revision des Angeklagten dieses jedoch anders bewertet und den Angeklagten vom Vorwurf freigesprochen.

Nach Ansicht des Revisionsgerichts sprechen zwar gute Gründe dafür, dem Angeklagten einen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen. Gewisse gefahrbegrenzende Maßnahmen wie die im angefochtenen Urteil erwogene, vor dem Ertrinken warnende Beschilderung mit Piktogrammen wären auch nach Überzeugung des Senats geboten gewesen, aber die Feststellungen belegen indessen nicht, dass diejenigen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht in Betracht zu ziehenden Maßnahmen, hinsichtlich deren Unterlassen dem Angeklagten ein Vorwurf gemacht werden kann, den Tod der Kinder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert hätten: Das, was der Angeklagte hätte möglicherweise tun müssen, hätte das Risiko für die Kinder verringert, ob es den Tod der Kinder verhindert hätte, bleibt aber letztlich offen.

Der Senat geht in der umfangreich begründeten Entscheidung konkret darauf ein, dass das Unglück dem „allgemeinen Lebensrisiko“ zuzuordnen ist und im Rahmen einer Gesamtabwägung nicht sicher feststellbar war, ob das Unglück hätte vermieden werden können. Es bedarf in diesen Fällen der Feststellung, dass das Unglück bei Einhaltung der erforderlichen Maßnahmen und damit bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeblieben wäre. Offen zugängliche Gewässer bilden Gefahren, welche sich, gerade auch für Kinder, nicht vollständig ausschließen lassen. Das Bewegen in der Natur birgt Gefahren, welche nicht restlos auszuschließen sind.

Das Urteil ist rechtskräftig. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 27.11.2023, Az. 3 ORs 23/23

Jugendstrafen nach Kraftfahrzeugrennen mit fahrlässiger Tötung

Zwei 20jährige Männer hatten sich vor dem Amtsgericht in Köln wegen des Vorwurfs der Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung zu verantworten. Die beiden Angeklagten verabredeten mit zwei Fahrzeugen, darunter ein Mietwagen, ein Rennen im Bereich des Stadtbezirks.

Im März 2015 gegen 0.30 Uhr befuhren die Angeklagten mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit von 85-115 km/h die Straße und versuchten sich wechselseitig zu überholen. Hierbei wussten die beiden Angeklagten, dass die Straße, auch zu dieser Zeit, noch von anderen Verkehrsteilnehmern frequentiert wird. Der Zeuge T., welcher als Taxifahrer vier Fahrgäste aufgenommen hatte, wollte bei „Grünlicht“ die Kreuzung der E-Straße überqueren. In diesem Moment beschloss jedoch der eine Angeklagte, die Kreuzung seinerseits bei „Rotlicht“ zu überfahren, um das Rennen für sich zu entscheiden. Ein 49 Jahre alter Insasse des Taxis erlitt durch die Kollision und die anschließende Drehbewegung des Taxis ein massives Schädel-Hirn-Trauma. Der Fahrgast erlag später seinen schweren Verletzungen, während die weiteren Insassen des Taxis „lediglich“ verletzt wurden.

Der weitere Angeklagte konnte das von ihm gesteuerte Fahrzeug noch vor der Ampel abbremsen. Das Amtsgericht Köln erkannte bei den beiden Heranwachsenden jeweils auf Jugendstrafen von einem Jahr bzw. einem Jahr und vier Monaten wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und tateinheitlicher fahrlässigen Tötung. Hierbei hat das Gericht berücksichtigt, dass die Angeklagten nicht vorbelastet und geständig waren.

Das Jugendschöffengericht entzog beiden Angeklagten die Fahrerlaubnis und ordnete Sperrfristen von jeweils einem Jahr an.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Köln ist noch zum alten Recht ergangen. Heute würde das Gericht eine Verurteilung auf den Tatbestand des illegalen Autorennens mit Todesfolge gemäß § 315d Abs. 5 StGB stützen. Zu beachten ist jedoch, dass diese Fälle teilweise durch Gerichte abweichend bewertet werden und teilweise auch Mord angenommen wurde, wie im „Berliner Raser-Fall„. Auch wenn diese drastische Verurteilung wegen Mordes nicht angenommen wird, so liegt die Strafandrohung bei einem Erwachsenen im Falle des Rennens mit Todesfolge eine Freiheitsstrafe von einem bis zehn Jahren vor.

Das Urteil des Amtsgerichts Köln ist rechtskräftig. Urteil vom 12.01.2016 – 643 Ls 308/15 10 Js 22/15

Fahrlässige Tötung trotz geringer Geschwindigkeit als vorgeschrieben

Im Mai 2017 wurde ein 20-jähriger junger Mann aus Dachau vom Jugendrichter in München wegen fahrlässiger Tötung nach Jugendstrafrecht zu einer Geldauflage von 1800 Euro und einem Monat Fahrverbot verurteilt.

Im Juni 2016 befuhr der Angeklagte mit dem PKW seines Vaters, einem Ford Fiesta, die St.-Bonifatius-Straße in München. Am Übergang der St.-Bonifatius-Straße in die Straße „Am Nockherberg“ wird die Straße zweispurig. Der Angeklagte befuhr mit dem Ford von da an die rechte der beiden Fahrspuren, auf der sich auch Straßenbahnschienen befinden, um der Straße weiter bergab zu folgen.

Zur gleichen Zeit befuhr der später Verstorbene mit seinem Trecking Fahrrad, am rechten Fahrbahnrand schräg rechts vor dem PKW in gleicher Fahrtrichtung auf der Straße „Am Nockherberg“. Der Radfahrer fuhr mit einer Geschwindigkeit von 13 km/h. Der Geschädigte trug hierbei einen Fahrradhelm.

Der Angeklagte geriet in einer scharfen Rechtskurve auf den regennassen Straßenbahnschienen ins Schleudern und verlor die Kontrolle über das Fahrzeug. Die sachverständig ermittelte Geschwindigkeit betrug zu diesem Zeitpunkt 37 km/h bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Der Ford drehte sich im Uhrzeigersinn um 180 Grad und traf dann mit der linken Fahrzeugseite die linke Körperseite des Verstorbenen. Dieser wurde durch den Aufprall auf den Gehweg geschleudert und blieb dort bewusstlos liegen. Der Radfahrer hatte sich bei dem Sturz ein schweres Schädel-Hirntrauma zugezogen und verstarb aufgrund seiner Kopfverletzungen drei Tage später im Krankenhaus.

Der Sachverständiger bekundete, dass angesichts der Witterungsverhältnisse und der Kurvenfahrt die Geschwindigkeit überhöht war und dies der junge Mann hätte erkennen müssen. Wäre der Angeklagte mit einer Geschwindigkeit von maximal 30 km/h gefahren, also nur 7 km/h weniger, wäre es nicht zum Ausbrechen des Fahrzeugs gekommen.

Der Angeklagte gab an, noch nicht über viel Erfahrung in Straßenverkehr zu verfügen und in seiner Heimatstadt gäbe es keine Straßenbahnschienen. Der junge Mann bekundete zudem sein Bedauern über den Unfall und das Versterben des Radfahrers.

Der Jugendrichter des Amtsgerichts München nahm Jugendstrafrecht an, da Reifeverzögerungen bei dem Angeklagten nicht auszuschließen waren und berücksichtigte den lediglich leichten Grad an Fahrlässigkeit. Der Angeklagte habe sich an die Geschwindigkeitsregelung gehalten, was jedoch in der konkreten Situation nicht ausreichend gewesen wäre. Er hätte die Geschwindigkeit weiter reduzieren müssen und sich den Wetter- und den Straßenverkehrsverhältnissen anzupassen.

Der Jugendrichter erkannte auf eine Geldauflage von 1.800 Euro und einem Monat Fahrverbot.

Allein die Einhaltung der vorgeschrieben Höchstgeschwindigkeit führt nicht zum Wegfall des Tatvorwurf der fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB.

Ausschlaggebend war vorliegend § 3 Abs. 1 StVO: „Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen.“

Das Urteil des Amtsgerichts München vom 16.05.2017 1014 Ds 459 Js 101535/17 jug ist rechtskräftig.

Hohe Freiheitsstrafe für Epileptiker

Das Schöffengericht in Würzburg hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. In dieser Höhe der Freiheitsstrafe ist eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht möglich. Zudem hat das Gericht die Fahrerlaubnis des Angeklagten entzogen und eine lebenslange Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis angeordnet. 

Das Gericht kam zu der Feststellung, dass der Angeklagte seit mindestens neun Jahren an wiederkehrenden anfallsartigen, vom Gehirn ausgehenden Bewusstseinsaussetzern mit Erinnerungs- und Orientierungsstörungen (sogenannte fokale Aussetzer) litt. Hierbei handelt es sich um epileptische Anfälle, die nur in Teilen des Gehirns oder in bestimmten Hirnregionen auftreten. Der Angeklagte wurde auf der Grundlage dieser Erkrankung ärztlich und medikamentös behandelt. Das Gericht gelangte zudem zu der Überzeugung, dass dem Angeklagten bewusst war, dass er infolge seiner Erkrankung nicht in der Lage war, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr ausreichend sicher zu führen.

Gegen Mittag im Januar 2018 fuhr der Angeklagte mit seinem Fahrzeug, obwohl er die vorgeschriebene Dosis seines Medikaments am Morgen nicht eingenommen hatte und zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt nach Fahrtantritt Anzeichen für einen sich ankündigenden fokalen Anfall bemerkte.

Das Gericht war der Ansicht, dass der Angeklagte das von ihm gesteuerte Fahrzeug hätte anhalten können und müssen. Der Angeklagte fuhr jedoch weiter. Auf der sehr schmalen Straße fuhr der Angeklagte anfallsbedingt mit einer Geschwindigkeit von 123 km/h. Er kollidierte mit einem Baum und erfasste eine Fußgängerin frontal. Die Dame verstarb noch am Unfallort an ihren schweren Verletzungen.  

Zur Überzeugung des Gerichts hätte der Angeklagte, der umfangreiche Erfahrungen mit seinem Anfallsleiden hatte, anhalten können.

Zur Überzeugung des Gerichts hat der Angeklagte, welcher über umfangreiche Erfahrungen mit seinem Anfallsleiden verfügte, bereits zu Fahrtbeginn seine Fahruntüchtigkeit erkannt, zumindest aber billigend in Kauf genommen und musste – jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Ankündigung des Anfalls – auch mit der Möglichkeit eines schweren Verkehrsunfalles rechnen.

Der Tod der Fußgängerin sei für den Angeklagten vorhersehbar und vermeidbar gewesen, so das Gericht in der Urteilsbegründung. Das Gericht erkannte neben der vollstreckbaren Freiheitsstrafe von drei Jahren auf eine lebenslange Führerscheinsperre in der ersten Instanz. Der Angeklagte habe sich durch sein Verhalten als völlig ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.

Es ist nicht bekannt, ob das Urteil rechtskräftig ist. Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 18. November 2019 360 Ls 912 Js 352/18

Das Urteil zeigt deutlich, dass die Verteidigung in Fällen der fahrlässigen Tötung erforderlich sind. Das Amtsgericht Würzburg kommt in der Entscheidung zu einer hohen, nicht mehr zur Bewährung auszusetzenden, Freiheitsstrafe. Die lebenslange Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis dürfte sich bereits durch die Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde ergeben, welche sicherlich Zweifel an der Eignung des Angeklagten zukünftig gehabt hätte.

Fahrlässige Tötung bei unklarem Rotlichtverstoß

Das Amtsgericht Essen-Steele verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und untersagte ihm für drei Monate das Führen von Kraftfahrzeugen. Auf Berufung des Angeklagten reduzierte das Landgericht Essen die Strafe auf sechs Monate auf Bewährung und bestätigte jedoch das verhängte Fahrverbot.

Am Morgen eines Tages im Jahr 2012 verursachte der Angeklagte mit seinem Transporter einen schweren Verkehrsunfall, indem er mindestens 15 km/h über der zulässigen Geschwindigkeit fuhr und so eine Kreuzung überquerte, an der es zum Zusammenstoß mit dem Pkw des Zeugen X kam. Der Unfall führte zum Tod des Beifahrers X2 und verletzte den Zeugen X. Das sachverständig beratene Landgericht ging davon aus, dass der Unfall hätte vermieden werden können, wenn der Angeklagte nicht zu schnell gefahren wäre. Es wurde jedoch auch angenommen, dass ein Rotlichtverstoß des Zeugen X nicht als gänzlich vernunftwidriges Verhalten einzustufen sei, wodurch ein Mitverschulden nicht ausgeschlossen sei. In der konkreten Fallgestaltung war es streitig, ob der Angeklagte oder der Zeuge X einen Rotlichtverstoß begangen haben. Dieses konnte zunächst nicht ausreichend festgestellt werden, was das Amts- und das Landgericht jeweils dazu veranlasste, anzunehmen, dass der jeweils andere Verkehrsteilnehmer den Rotlichtverstoß begangen hat. Das Gericht ging hierbei jeweils vom Zweifelsgrundsatz für den Angeklagten und für den Zeugen aus. Es verblieb jedoch für den Angeklagten bei der Feststellung der überhöhten Geschwindigkeit. Dieses nahm das Gericht jeweils zum Anlass von einer fahrlässigen Tötung auszugehen. Wäre der Angeklagte mit den vorgeschriebenen 50 km/h gefahren, so hätte er den Unfallort erst nach der Durchfahrt des Zeugen passiert, mithin wäre es nicht zu einem Unfall gekommen.

Die Revision des Angeklagten hatte vorläufig Erfolg, da das entscheidende Oberlandesgericht Hamm die Möglichkeit eines überwiegenden Mitverschuldens des Zeugen X nicht vollständig ausschließen konnte. Es wurde argumentiert, dass nicht alle Rotlichtverstöße pauschal als nicht gänzlich vernunftwidrig betrachtet werden können und dass die Dauer des Rotlichts sowie die Schuldform (vorsätzlich oder fahrlässig) bei der Bewertung eines solchen Verstoßes berücksichtigt werden müssen.

Zusammenfassend kritisierte das Gericht die pauschale Bewertung von Rotlichtverstößen durch das Landgericht und hob hervor, dass eine differenzierte Betrachtung erforderlich sei. Dies führt dazu, dass der Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen wurde, um insbesondere das Verhalten des Zeugen X detaillierter zu bewerten und zu klären, inwiefern dieses als gänzlich vernunftwidrig und damit als überwiegendes Mitverschulden anzusehen sein könnte.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm zeigt, dass allein die Annahme einer überhöhten Geschwindigkeit und damit einer Vereinbarkeit nicht ausreichend ist. Das Gericht wirft zutreffend die Frage auf, ob und in welchem Umfang der Unfallgegner möglicherweise durch sein absolut überwiegendes Verschulden den Unfall verursacht hat und damit der Anteil des Angeklagten zurücktritt.

Der weitere Ausgang des Verfahrens ist unklar. OLG Hamm Beschluss vom 20.08.2015 – 5 RVs 102/15

Mangelhafte Wartung eines Teleskopladers führt zur fahrlässigen Tötung

Auch der Verleih von Bauschienen und anderen Gerätschaften enthält Gefahren. Der Angeklagte U. wurde durch das Amtsgericht Bocholt wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt, nachdem ein von ihm verliehener Teleskoplader umkippte und Personen verletzte, eine davon tödlich.

Der Fall des Angeklagten U behandelt einen tragischen Unfall, welcher während einer sogenannten „Cold Water Challenge“ stattfand, einem Internetphänomen, bei dem Teilnehmer sich mit kaltem Wasser überschütten oder in kaltes Wasser springen, oft mit zusätzlichen Herausforderungen oder Stunts. Der Angeklagte U, der einen landwirtschaftlichen Betrieb leitete, war in dieser Angelegenheit aufgrund seines Verhaltens im Umgang mit einem Teleskoplader, einem landwirtschaftlichen Fahrzeug, das für das Anheben und Bewegen von Lasten konzipiert ist, strafrechtlich verantwortlich, so das Amtsgericht Bocholt.

Im Jahr 2008 erwarb U diesen Teleskoplader, der im Laufe der Zeit einen kritischen Softwarefehler entwickelte. Zusätzlich funktionierte die Überlastanzeige des Laders nicht richtig, ein Sicherheitsmerkmal, das dazu dient, den Bediener zu warnen, wenn das Gerät über seine Kapazitätsgrenzen belastet wird. Trotz dieser Mängel führte der Angeklagte U keine Reparaturen an dem Radlader durch, obwohl er sich der Defekte bewusst war. Darüber hinaus lieh er das Gerät für die Durchführung der „Cold Water Challenge“ aus.

Während der Herausforderung sollte der Teleskoplader eine großen Wassermenge über eine Gruppe von Menschen kippen. Aufgrund der Überlastung und der defekten Sicherheitseinrichtungen kippte der Lader jedoch Ende Juni 2014 um, was zu einem tödlichen Ausgang führte: Eine Person verlor ihr Leben, und mehrere andere wurden verletzt. Dieses Ereignis zog rechtliche Konsequenzen nach sich, bei denen die Fahrlässigkeit von U im Fokus stand. Es konnte festgestellt werden, dass der Schwerpunkt des Laders sich durch die schwere Schaufel und die sich in Ihr befindlichen 1800 Liter Wasser so ungünstig veränderte, dass der Teleskoplader umfiel und auf die Gruppe des Kegelclubs stürzte.

Das Gericht befand U der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung für schuldig, hauptsächlich weil er es versäumt hatte, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um den defekten Zustand des Teleskopladers zu beheben. Trotz seiner bisher unbescholtenen Vergangenheit und seiner Rolle als Betreiber eines landwirtschaftlichen Betriebs wurde U zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt. Der Angeklagte hat die erforderlichen Inspektionen am Teleskoplader nach UVV nicht durchführen lassen, auch wenn das Fahrzeug dem TÜV vorgeführt wurde. 

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Bedeutung der Wartung und Sicherheitsüberprüfung von landwirtschaftlichen und industriellen Geräten. Es verdeutlicht, dass das Bewusstsein für und die Einhaltung von Sicherheitsstandards entscheidend sind, um Unfälle zu verhindern. Darüber hinaus illustriert es die rechtlichen Risiken und Verantwortlichkeiten, die mit der Verleihung solcher Geräte verbunden sind, besonders wenn diese defekt sind oder bekannte Mängel aufweisen.

Das Urteil des Amtsgerichts Bocholt vom 02.10.2015 – 3 Ds-30 Js 265/14-83/15 ist rechtskräftig.

Fahrlässige Tötung LKW biegt rechts ab und tötet Radfahrer

Das Amtsgericht Paderborn verurteilte im Mai 2022 einen bulgarischen LKW-Fahrer wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten.

Im Februar 2021 gegen 12:30 Uhr befuhr der Angeklagte mit einem Lastkraftwagen der Marke DAF ® Fahrtrichtung stadteinwärts. Er beabsichtigte, an einer Kreuzung nach rechts abzubiegen. Zur gleichen Zeit befuhr der Verstorbene mit seinem Fahrrad den auf der rechten Seite parallel zur Straße verlaufenden Radweg, welcher mittels eine ampelgesicherten Furt über die Straße geführt wird. Während der Angeklagte den Abbiegevorgang einleitete, übersah er aus Unachtsamkeit den Verstorbenen, welcher zur gleichen Zeit bei für ihn geltendem Grünlicht die Straße überquerte, um seine Fahrt entlang der Straße fortzusetzen. Das Fahrzeug des Angeklagten erfasste den Geschädigten frontal mit der rechten Seite des Stoßfängers. Der Verstorbene wurde mit dem Stoßfänger in Fahrtrichtung geschoben, bis er im Bereich des linken Stoßfängers auf die Fahrbahn fiel und schließlich vom LKW überrollt wurde. Hierdurch erlitt der Geschädigte ein Polytrauma mit Schädel-Hirn-Trauma. Der Geschädigte verstarb noch an der Unfallstelle an seinen schweren Verletzungen.

Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Gericht, dass der Angeklagte geständig und das Geständnis von Reue getragen war. Der Angeklagte war bis zur Hauptverhandlung im Mai 2022 nicht vorbelastet und ging einer geregelten Tätigkeit nach. Das Amtsgericht erkannte vor dem Hintergrund der schweren Sorgfaltspflichtverletzung trotzdem auf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten.

Oft wird angenommen, dass die meisten Verkehrsunfälle auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen sind, was jedoch unzutreffend ist. Tatsächlich führt der Verstoß gegen § 9 StVO, dem Fehler beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren weit häufiger zu Unfällen. Der Gesetzgeber hat Fälle, wie den vorliegenden Fall des Amtsgerichts Paderborn zu Anlass genommen die Sanktionen für ein fehlerhaftes Abbiegen deutlich zu erhöhen.

Das Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 19.05.2022 – 73 Ds 189/21 ist rechtskräftig.

Ärzte wegen fahrlässiger Tötung zu Geldstrafen verurteilt

Der Bundesgerichtshof bestätigt mit dem Beschluss vom 20.03.2024 (BGH 6 StR 17/24) die Verurteilung zweier Ärzte wegen fahrlässiger Tötung 

Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen der beiden Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Hof vom 27. September 2023 verworfen, mit dem die Angeklagten jeweils wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 150 bzw. 120 Tagessätzen verurteilt wurden. 

Die Staatsanwaltschaft Hof hatte zuvor Anklage gegen die beiden Beschuldigten Ärzte wegen des Vorwurfs der Körperverletzung mit Todesfolge vor dem Schwurgericht des Landgerichts Hof erhoben.

Nach den vom Landgericht Hof getroffenen Feststellungen führten die als Oberärzte in einem Klinikum tätigen Angeklagten im Februar 2017 bei einem 47-jährigen Patienten eine Operation mit dem Ziel durch, einen Stent aus dessen Luftröhre zu entfernen. Nachdem dieses mittels eines Bronchoskops nicht gelungen war, setzten die Angeklagten zur Vermeidung eines Luftröhrenschnitts einen Laser ein, um den Stent in der Luftröhre des Patienten zu zerteilen. Unter Missachtung der erforderlichen Sorgfalt versäumten sie es jedoch, die Sauerstoffzufuhr des Beatmungssystems zu drosseln. Aufgrund der hohen Sauerstoffkonzentration kam es zu einer explosionsartigen Verpuffung, die zu einer erheblichen Schädigung des Luftröhrensystems und der Lunge des Patienten führte, der an den Folgen der Verletzungen verstarb. 

Die beiden Angeklagten legten gegen das Urteil des Schwurgerichts Revision ein, da zuvor eine Strafbarkeit durch die Verteidigung in Abrede gestellt wurde.

Der für das Landgericht Hof zuständige 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs erblickte im Urteil des Landgerichts Hof nunmehr keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten Mediziner und verwarf die Revision mit einer geringfügigen rechtlichen Ausführung zur Frage des aktiven Tuns. Das Urteil des Landgerichts Hof ist damit rechtskräftig. 

BGH verwirft Revision der Staatsanwaltschaft gegen Verurteilung einer Mutter wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung

In einem weiteren problematischen Verfahren verwarf ebenfalls der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Ambach vom 15.03.2023.

Die Revision der Staatsanwaltschaft verfolgte die Verurteilung der angeklagten Mutter wegen Totschlags bzw. die Strafaussetzung zur Bewährung. Was war passiert?

Nach den Feststellungen des Landgerichts Ambach führte die Angeklagte seit 2019 eine Beziehung mit L., einem Soldaten der US-Armee, und heiratete ihn im Februar 2021. Im Juli desselben Jahres bezogen sie eine gemeinsame Wohnung und am 5. Oktober 2021 kam ihr gemeinsamer Sohn K. zur Welt. Die Angeklagte war die Hauptbezugsperson des Kindes und kümmerte sich liebevoll, fürsorglich und verantwortungsbewusst um ihn, wobei sie auch alle Vorsorgeuntersuchungen und Arztbesuche bei Erkrankungen des Kindes wahrnahm.

Die Beziehung zwischen Vater und Sohn verschlechterte sich jedoch im Laufe der Zeit zunehmend. Ab dem 17. Januar 2022 war der Junge wiederholt gewalttätigen Übergriffen des Vaters ausgesetzt. An jenem Tag bemerkte die Angeklagte eine leichte Schwellung an der Stirn des Kindes, doch sie glaubte der Erklärung ihres Ehemannes, dass der Junge ihm eine Kopfnuss gegeben habe. Am 23. Februar 2022, während sie bei einem Frauenarzttermin war, fügte L. dem Säugling schwere Verletzungen zu, einschließlich Kopfverletzungen und mehrerer Knochenbrüche. Als die Angeklagte zurückkehrte, bemerkte sie die Gesichtsverletzungen des Kindes. Ein Neffe machte sie später auch auf ein Hämatom an der Stirn aufmerksam.

Trotz der schwierigen Vater-Sohn-Beziehung versuchte die Angeklagte, die emotionale Bindung zwischen beiden zu stärken. In der Nacht zum 5. März 2022 brachte sie das Kind zu Bett und bereitete eine Flasche vor, die ihr Mann dem Kind geben sollte. Während sie im Schlafzimmer blieb, nahm L. das Kind mit in den Küchen- und Wohnbereich. Trotz ihres Wissens um die früheren schweren Verletzungen und ihrer Pflicht, das Kind zu schützen, vertraute sie darauf, dass keine weiteren Gewalttaten geschehen würden. Jedoch verletzte L. das Kind erneut schwer. Als der Säugling schrie und wenig trank, fügte ihm L. mindestens drei schwere stumpfe Gewalteinwirkungen zu. L. kam zurück ins Schlafzimmer und informierte die Angeklagte, dass etwas nicht stimmte. Sie rief um 1:04 Uhr den Notarzt, und beide versuchten, das Kind wiederzubeleben. Rettungskräfte trafen kurz darauf ein und brachten das Kind ins Krankenhaus, wo es trotz intensivmedizinischer Behandlung an den Folgen eines schweren Schädel-Hirn-Traumas starb.

Der 6. Strafsenat ging in dieser Konstellation nicht von einem bedingten Tötungsvorsatz der Mutter aus, welche zuvor durch das Landgericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt wurde. Ausgesprochen deutlich wurde die Revision der Staatsanwaltschaft mit dem Urteil des BGH vom 03.04.2024 zurückgewiesen. Das Schwurgericht habe nicht rechtsfehlerhaft den Tötungsvorsatz der Mutter verneint, vielmehr habe sich zuvor die Angeklagte gewissenhaft um das verstorbene Kind gekümmert. Mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs zum Aktenzeichen 6 StR 329/23 ist das Urteil rechtskräftig.

18 Monate Bewährungsstrafe gegen Krankenschwester nach Verabreichung eines falschen Medikaments

Eine 25-jährige Krankenschwester wurde vom Landgericht Frankfurt zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten verurteilt, weil sie einer Patientin ein falsches Medikament verabreicht hatte. Das Gericht kam zu dem Urteil, dass die Tat als fahrlässige Tötung einzustufen sei. Die 63-jährige Patientin, die an einem Lungentumor litt und gesundheitlich stark angeschlagen war, verstarb aufgrund der falschen Medikation.

Der Vorfall ereignete sich, als die Krankenschwester der Patientin anstelle des beruhigenden Medikaments Melperon versehentlich Methadon, einen Drogenersatzstoff, verabreichte. Dieser folgenschwere Fehler entstand aufgrund eines Lesefehlers in den Fieberaufzeichnungen. Als die Auswirkungen des Fehlers bemerkt wurden, versuchte man, die Folgen mit einem Gegenmittel abzumildern. Doch aufgrund des bereits stark geschwächten Zustands der Patientin blieb dieser Versuch erfolglos.

Das Gericht stellte zudem fest, dass die Krankenschwester nicht nur durch den Lesefehler auffällig wurde. Der Fehler drängte sich zudem auf. Sie hatte bereits mehrere Stunden vor der eigentlichen Verabreichung der Medikamente das vorgeschriebene Abgabeprotokoll ausgefüllt. Dadurch wurde der Kontrollmechanismus, der solche Fehler verhindern sollte, umgangen. Dies war ein weiterer entscheidender Punkt in der Urteilsfindung.

Die Strafkammer betonte in ihrem Urteil, dass der tödliche Herz-Kreislaufkollaps der Patientin direkt auf die fehlerhafte Medikamentengabe zurückzuführen sei und keine andere Ursache hatte. Durch ihre Handlungen habe die Krankenschwester die Patientensicherheit erheblich gefährdet, was letztlich zum Tod der Patientin führte. Das Urteil soll eine deutliche Mahnung an medizinisches Personal sein, stets größte Sorgfalt bei der Medikamentenvergabe walten zu lassen und alle vorgeschriebenen Kontrollmechanismen strikt einzuhalten, um solche tragischen Ereignisse zu vermeiden.

Das Urteil ist rechtskräftig. LG Frankfurt am Main 5/27 KLs 16/16

Geldstrafen für fehlerhaft aufgestelltes Klettergerüst und einem folgenden tödlichen Unfall 

Die Angeklagten C, M und L wurden jeweils wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Der Angeklagte C erhielt eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen, die Angeklagten M und L wurde zu jeweils 60 Tagessätzen  verurteilt. Der weitere Angeklagte T wurde durch das Schöffengericht des Amtsgerichts Ahaus freigesprochen.

Ende März 2012 ereignete sich in dem Kindergarten X ein Unfall, der zum Tod der am 02.10.2009 geborenen T führte. T war an diesem Tag im Spielzimmer des Kindergartens auf ein Klettergerüst gestiegen und hatte sich bis zur Brüstung hochgezogen. Dort geriet ihr Kopf und Hals in eine Öffnung zwischen der Brüstung des Klettergerüstes und der Decke des Spielzimmers. Sie verklemmte sich, bekam keine Luft mehr und wurde bewusstlos. Aufgrund der Sauerstoffunterversorgung erlitt sie einen so schweren Hirnschaden, dass sie am nächsten Tag an diesen Verletzungen verstarb.

Der Unfall war darauf zurückzuführen, dass das Klettergerüst nicht der DIN-Norm EN 1176 entsprach. Der Abstand zwischen der Brüstung des Klettergerüstes und der Decke betrug zwischen 15 und 20 cm, während die Norm einen maximalen Abstand von 8,9 cm oder einen Mindestabstand von 23 cm vorsieht. Zudem enthielt das Klettergerüst Aufstiegshilfen, die gemäß Norm nicht vorhanden sein dürfen. Wäre das Klettergerüst normgerecht gewesen, hätte sich T nicht einklemmen können, der schwere Unfall wäre so nicht passiert, wie das Gericht im Rahmen der Beweisaufnahme feststellt. 

Die Firma L aus Hamburg, deren Geschäftsführer der Angeklagte C ist, war für die Planung, Herstellung und den Aufbau des Klettergerüstes verantwortlich. Der Angeklagte C übersah, dass die Deckenhöhe im Spielzimmer lediglich 2,46 m betrug, und informierte den Subunternehmer nicht über diese niedrige Deckenhöhe. Auch bei der späteren Prüfung der Zeichnung übersah der Angeklagte C diesen Punkt und beauftragte den Angeklagten M als Projektleiter und den Angeklagten L als Tischler mit dem Aufbau des Klettergerüstes vor Ort. Sowohl der Angeklagte M als auch der Angeklagte L übersahen ebenfalls den zu geringen Abstand und die Nichteinhaltung der DIN-Norm, obwohl sie von C auf die Vorschriften hingewiesen worden waren. Hierin erkannte das Gericht jeweils eine zuzurechnendes Fehlverhalten und damit eins sog. Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt.

Damit haben sich die Angeklagten C, M und L jeweils der fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB schuldig gemacht. Die verhängten Geldstrafen sind unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der Persönlichkeit der Angeklagten angemessen und erforderlich. Zugunsten der Angeklagten wurde berücksichtigt, dass sie bisher nicht vorbestraft sind und unter dem Eindruck des schrecklichen Ereignisses stehen. Insbesondere C und M zeigten glaubhaft Reue. C überprüfte nach dem Vorfall alle von seiner Firma gefertigten Klettergerüste auf Sicherheit. Die Pflichtverletzungen der Angeklagten waren als leichte Fahrlässigkeit einzustufen, was das Gericht zu Geldstrafen bewog. 

Der Angeklagte T, der ebenfalls der fahrlässigen Tötung beschuldigt war, wurde freigesprochen. Ihm wurde vorgeworfen, als Fachkraft für Arbeitssicherheit des TÜV-O das Klettergerüst begutachtet zu haben, ohne auf die Mängel hinzuweisen. T bestritt diese Verantwortung und erklärte, das unfallverursachende Spielgerät nie gesehen zu haben. Die Beweisaufnahme bestätigte seine Aussage, sodass ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten nicht festgestellt werden konnte. Daher wurde T aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

AG Ahaus 3 Ls 91 Js 1664/12-7/13

„Der Halter eines Kampfhundes muss ggfs. jederzeit damit rechnen, dass der Hund einen Menschen angreift.“

Zu dieser Entscheidung kam das OLG Karlsruhe in einem Beschluss vom 02.07.2014 2 Ss 318/14:

Der Halter eines Kampfhundes gemäß § 1 Abs. 2 PolVogH BW, bei dem die rassespezifisch begründete Vermutung besonderer Gefährlichkeit nicht durch eine Verhaltensprüfung widerlegt ist, muss jederzeit damit rechnen, dass der Hund ohne vorherige Warnzeichen Menschen angreifen könnte.

Gegenstand des Verfahrens sind Verletzungen, die durch Bisse eines Hundes verursacht wurden, dessen Halter der Angeklagte war. Das den Angeklagten zuvor ergangene freisprechende Urteil des Amtsgerichts Ettenheim wurde vom Landgericht Freiburg in der zweiten Instanz aufgehoben, das den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilte. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Revision ein, was zum Beschluss des OLG Karlsruhe führte.

Nach den Feststellungen war der Angeklagte Halter eines American Staffordshire Terrier-Mischlings, der zuvor nicht gegenüber Menschen aggressiv geworden war. Diese Einordnung des Hundes war dem Angeklagten aufgrund eines bestandskräftigen Bescheids der Gemeinde F. bekannt. Der Angeklagte hatte anschließend jedoch keine Verhaltensprüfung des Hundes vornehmen lassen. Als der Vermieter des Angeklagten mit seiner neunjährigen Tochter die Wohnung des Angeklagten betrat, sprang der Hund das Kind an, das den Arm nach ihm ausgestreckt hatte, und biss es ins Gesicht, was zu erheblichen Verletzungen führte. Der Vater des Kindes, der eingriff, wurde ebenfalls in den Arm gebissen und hierdurch verletzt.

Das zuständige OLG hat in dem Urteil wegen fahrlässiger Körperverletzung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten entdeckt und die Revision als unbegründet verworfen.

Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB).

Der Halter eines Hundes ist verpflichtet, diesen so zu überwachen und abzusichern, dass Verletzungen Dritter verhindert werden. Ein Hund stellt eine Gefahrenquelle dar, da er nicht vernunftgesteuert und oft unberechenbar ist (BayObLGSt 1987, 174; NJW 1991, 1695). Die Vorkehrungen richten sich nach den Anforderungen der Verkehrsauffassung und dem Zumutbaren, um eine Schädigung Dritter zu vermeiden (OLG Frankfurt NStZ-RR 2011, 205; BayObLG a.a.O.).

Handelt es sich um einen Kampfhund, werden die Sorgfaltspflichten des Tierhalters durch § 4 der Polizeiverordnung über das Halten gefährlicher Hunde (PolVOgH) konkretisiert. § 4 Abs. 1 PolVOgH besagt, dass diese Tiere so zu halten und zu beaufsichtigen sind, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Bei Kampfhunden wird aufgrund rassespezifischer Merkmale eine erhöhte Aggressivität vermutet, die durch eine Verhaltensprüfung widerlegt werden kann (§ 1 Abs. 1 und 2 PolVOgH).

Da der Angeklagte keine Verhaltensprüfung durchführen ließ, musste er aufgrund der rassespezifischen Gefährlichkeit des Hundes damit rechnen, dass dieser auch ohne vorherige Warnzeichen Menschen angreifen könnte und entsprechende Vorkehrungen treffen. Insbesondere beim Zusammentreffen mit Kindern war erhöhte Vorsicht geboten. Der Angeklagte hätte den Hund anleinen oder während des Besuchs des Kindes in einem anderen Raum unterbringen müssen. Die Missachtung dieser Sorgfaltspflichten begründet den Vorwurf fahrlässigen Handelns, wobei dem Angeklagten auch die nachfolgende Verletzung des Vaters zuzurechnen ist.

Eine harte Entscheidung von LG und OLG nachdem der Angeklagte durch das Amtsgericht zuvor freigesprochen wurde. Die Gerichte stellen maßgeblich auf die abstrakte, erhöhte Gefährlichkeit der Listenhunde ab und schiebt so die Verantwortung auf die Hundehalter vollständig ab. Ein mögliches Fehlverhalten wird auf den Bereich der Strafzumessung verlagert.

BGH bestätigt Urteil gegen 81-jährige Angeklagte wegen tödlichen Verkehrsunfalls an Straßenbahnhaltestelle

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 31. Januar 2023 das Urteil des Landgerichts Essen vom 13. Mai 2022 bestätigt, in dem eine damals 81-jährige Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in sechs Fällen zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, und der Angeklagten wurde zudem die Fahrerlaubnis entzogen. Eine Sperrfrist von zwei Jahren wurde für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis festgesetzt.

Der Vorfall ereignete sich am 29. Februar 2020, als die Angeklagte mit ihrem Pkw mit mindestens 50 km/h in den Haltestellenbereich einer Straßenbahn fuhr, die dort gerade zum Stehen gekommen war. Während der Vorbeifahrt erfasste sie mindestens sieben Fußgänger, die entweder auf dem Gehweg standen oder die Straße überquerten, um in die Straßenbahn einzusteigen. Ein Mann erlitt tödliche Verletzungen, sechs weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt.

Die Angeklagte legte gegen das Urteil Revision ein, die sich auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts stützte. Der zuständige 4. Strafsenat des BGH hat die Revision jedoch verworfen, da bei der Überprüfung des Urteils keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten festgestellt wurden. Damit ist das Urteil rechtskräftig.

Beschluss vom 31. Januar 2023 – 4 StR 381/22

Urteil im Prozess um tödlichen Unfall auf der A 33: Angeklagter zu 3 Jahren und 10 Monaten Haft verurteilt

Die 6. Große Strafkammer des Landgerichts Osnabrück hat am 13. Juni 2024 einen 30-jährigen Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Der heftigen Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Angeklagte hatte am 30. Oktober 2023 auf der A 33 den Fahrer eines VW Phaeton durch dichtes Auffahren und Ausbremsen bedrängt. In einem weiteren aggressiven Fahrmanöver lenkte er sein Fahrzeug plötzlich nach rechts, wodurch es zur Kollision mit dem VW Phaeton kam. Das Fahrzeug des Opfers überschlug sich und landete nach dem Überspringen einer Leitplanke in dichtem Buschwerk. Während der Fahrer schwer verletzt wurde und bis heute arbeitsunfähig ist, verstarb der Beifahrer noch am Unfallort.

Nach dem Unfall hielt der Angeklagte zwar am Fahrbahnrand, ergriff jedoch keine Maßnahmen, um seine Beteiligung festzustellen oder Hilfe zu leisten.

Das Gericht stufte das Verhalten des Angeklagten als fahrlässige Tötung in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort ein. Ein Mordvorwurf, wie er in der Anklage erhoben worden war, konnte nicht nachgewiesen werden. Die Kammer erkannte in dem Verhalten des Angeklagten zwar eine erhebliche Gefährdung, jedoch keine Tötungsabsicht. Es sei davon auszugehen, dass der Angeklagte den Unfall lediglich als Schikane gegenüber dem Fahrer des Phaetons durchführte.

Das Gericht verhängte für die fahrlässige Tötung eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten und für das unerlaubte Entfernen vom Unfallort eine Strafe von 6 Monaten. In der Gesamtbetrachtung wurde eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten festgesetzt.

Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht seine bisherige Unbescholtenheit. Belastend war jedoch das massive Fehlverhalten im Straßenverkehr, das ohne triftigen Grund zu einer gefährlichen Situation bei hohen Geschwindigkeiten von 110 bis 130 km/h führte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

LG Osnabrück 6 Ks 4/24

Tödlicher Hundebiss in Stetten am kalten Markt: Oberlandesgericht Stuttgart verwirft Revisionen der Hundehalter

Im Mai 2017 kam es in Stetten am kalten Markt zu einem tragischen Vorfall, bei dem eine 72-jährige Frau durch einen Kangal-Rüden tödlich verletzt wurde. Nach den Urteilen des Amtsgerichts Sigmaringen und des Landgerichts Hechingen, die die Hundehalter wegen fahrlässiger Tötung verurteilten, wurde im Juli 2019 die Revision der Angeklagten durch das Oberlandesgericht Stuttgart verworfen. Damit sind die Urteile rechtskräftig.

Im Frühjahr 2017 hielten die beiden Angeklagten, eine 45-jährige Frau und ihr 49-jähriger Ehemann, auf ihrem Grundstück in Stetten am kalten Markt zwei Kangal-Rüden. Diese Herdenschutzhunde stammen ursprünglich aus der Türkei und wurden dort zum Schutz von Schafherden eingesetzt. Sie gelten als besonders große und kräftige Hunde, die schwierig zu erziehen sind und viel Auslauf benötigen. Der Garten der Angeklagten war jedoch lediglich mit einem 1,20 Meter hohen Zaun vom angrenzenden öffentlichen Verbindungsweg abgegrenzt. Den Angeklagten war bekannt, dass ihre Hunde aggressiv auf Passanten reagierten und der Zaun nicht ausreichend war, um ein Entweichen der Tiere zu verhindern.

Am 30. Mai 2017, gegen 7:00 Uhr, kettete die Angeklagte einen der Hunde, einen 57 Kilogramm schweren Kangal-Rüden, an einen Metallpflock im Garten an. Der Hund war mit einem alten Lederhalsband gesichert, das massive Abnutzungsspuren aufwies. Die Angeklagte verließ das Grundstück und ließ den Hund bis zum späten Abend unbeaufsichtigt. Am Nachmittag riss das vorgeschädigte Halsband, wodurch sich der Hund befreien konnte. Er übersprang den niedrigen Zaun und griff eine 72-jährige Frau an, die sich auf dem Verbindungsweg befand. Der Hund biss die Frau mehrfach in den Kopf- und Halsbereich. Trotz notärztlicher Behandlung erlag sie ihren schweren Verletzungen.

Das Amtsgericht Sigmaringen verurteilte beide Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung. Die 45-jährige Frau erhielt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, ihr Ehemann zwei Jahre. Beide Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Diese Urteile wurden später vom Landgericht Hechingen bestätigt. Die Berufung der Angeklagten gegen die Verurteilung wurde nach einer dreitägigen Verhandlung abgewiesen.

Sorgfaltspflichten eines Hundehalters

Das Gericht stellte fest, dass beide Angeklagten als Hundehalter anzusehen waren und grob gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen hatten. Die Haltung von Herdenschutzhunden wie dem Kangal erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen, da diese Rasse durch ihre Größe und Kraft potenziell gefährlich ist, wenn sie nicht richtig gesichert wird.

Eine der Hauptsorgfaltspflichten eines Hundehalters ist die Sicherstellung, dass das Tier so gehalten wird, dass es keine Gefahr für Dritte darstellt. Das bedeutet insbesondere, dass der Halter dafür verantwortlich ist, dass Zäune oder andere Sicherungsvorrichtungen hoch genug und stabil genug sind, um ein Entweichen des Hundes zu verhindern. Im vorliegenden Fall war der Zaun mit einer Höhe von 1,20 Meter deutlich zu niedrig, um die beiden Kangal-Rüden sicher zu halten. Das Gericht stellte fest, dass ein Zaun von mindestens 2,50 Meter notwendig gewesen wäre.

Zudem war die Sicherung des Hundes durch das beschädigte Lederhalsband völlig unzureichend. Den Angeklagten war bekannt, dass das Halsband vorgeschädigt war, dennoch wurde es weiterhin verwendet, was schließlich zum Entweichen des Hundes führte. Auch die Tatsache, dass der Hund den ganzen Tag unbeaufsichtigt war, obwohl er als aggressiv gegenüber Passanten bekannt war, wurde den Angeklagten angelastet.

Das Gericht erkannte die mangelnde Sorgfalt der Angeklagten an, die sowohl in der unzureichenden Umzäunung des Grundstücks als auch in der mangelhaften Sicherung des Hundes zum Ausdruck kam. Beide Angeklagte hatten die Gefahr erkannt, jedoch keine angemessenen Maßnahmen ergriffen. Die Verantwortung für den Tod der Frau lag daher eindeutig bei ihnen.

Das Oberlandesgericht Stuttgart verwarf die Revision der Angeklagten im Juli 2019. Da das Landgericht Hechingen keine Rechtsfehler in seinem Urteil gemacht hatte, blieben die Verurteilungen wegen fahrlässiger Tötung bestehen.

Hunderassen wie der Kangal und deren Haltung

Der Kangal, auch bekannt als Anatolischer Hirtenhund, ist eine Rasse, die traditionell in der Türkei als Herdenschutzhund eingesetzt wird. Mit einer Schulterhöhe von bis zu 90 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 65 Kilogramm gehört der Kangal zu den größten und kräftigsten Hunden. Ihre ursprüngliche Aufgabe, Schafherden vor Raubtieren zu schützen, macht sie von Natur aus wachsam, territorial und potenziell aggressiv gegenüber Fremden.

Die Haltung eines Kangals erfordert daher besondere Sachkenntnis und Verantwortungsbewusstsein. Herdenschutzhunde sind nicht leicht zu erziehen und benötigen klare Strukturen, ausreichend Auslauf und eine sichere Umgebung. Insbesondere muss bei diesen Hunden darauf geachtet werden, dass sie gut gesichert sind und nicht aus ihrem Revier entweichen können, da ihre Reaktionen gegenüber Fremden unvorhersehbar sein können.

Der tragische Vorfall in Stetten am kalten Markt verdeutlicht die großen Sorgfaltspflichten, die Hundehalter – insbesondere bei großen und potenziell gefährlichen Rassen wie dem Kangal – erfüllen müssen. Das Gericht stellte klar, dass unzureichende Sicherungsmaßnahmen, wie ein zu niedriger Zaun und ein defektes Halsband, schwerwiegende Konsequenzen haben können. Die Verurteilung der Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zeigt, dass die Gerichte bei solchen Vorfällen konsequent gegen fahrlässiges Verhalten vorgehen, um die Sicherheit der Allgemeinheit zu gewährleisten.

Oberlandesgericht Stuttgart – Beschluss v. 25. Juli 2019 – 1 Rv 26 Ss 624/19

Strafverteidiger und Fachanwalt Timo Scharrmann

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